Fahrradklima-Test 2022

Ergebnis schlechter als auf den ersten Blick.

Die Gesamtnoten im Fahrradklima-Test haben sich weiter verschlechtert, sie sind auf dem Tiefstand. Seelze ist von von Note 4,0 (2018) auf 4,3 gefallen, Garbsen von Note 3,5 (2014) auf 3,9.

Im Laufe der Jahre ist Die Zahl der Teilnehmenden ist im Lauf der Jahre gestiegen.

Für uns sind die Ergebnisse nicht wirklich überraschend. Es fehlt nicht an Ankündigungen mehr für guten und sicheren Radverkehr umzusetzen. Der Beitrag des Fahrrades zur Mobilitätswende wird anerkannt. Es hapert aber an der Umsetzung.

Gründe für die negativen Beurteilungen werden deutlich beim Blick auf Einzelheiten.

Selbst die anfangs guten Noten zur Frage “Fahrradfahren macht macht Spaß oder eher Stress“ sind gefallen. Durch Corona haben mehr Menschen das Radeln für sich entdeckt. Warum sollten sie Spaß haben? Sicher als Freizeitradelnde, aber im Alltag werden sie mit der Realität konfrontiert. Auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Arzt, zur Schule oder … Die Note 3,3 ist in Garbsen von 2,5 (2014) fast eine Note schlechter geworden, in Seelze sieht es mit 4,3 düster aus.

Ein „gut erreichbares Zentrum“ wird in Seelze (Note 3,7) kritisch gesehen. Die Brücke über die Bundesbahn zwischen Seelze und Seelze-Süd ist immer noch ohne Rampe für Lastenräder oder Fahrräder mit Kinderwagenanhänger. Die Ankündigung von Baumaßnahmen im Dezember 2019 führt nicht zu besseren Bewertungen.
Am Kanal lässt es sich auf einer nicht ebenen Oberfläche zwar Radeln, aber der Weg zurück in einen Stadtteil ist oft nur für Mountainbiker möglich. Dafür sorgen Treppen, steile Rampen und sperrende Leitplanken. Verbesserungen sollen kommen. Seelze dürfte vom Projekt der Region Hannover profitieren.

Garbsen steht mit Note 2,6 zwar besser dar, aber was hat dies wirklich mit guten Radverkehrsmöglichkeiten gemeinsam? Die Erreichbarkeit des Zentrums ist doch eher ein „Abfallprodukt“ der für Kraftfahrzeuge gebauten Straßen. Ein gutes Radwegnetz mit sicheren Kreuzungen und guten breiten, ebenen Radwegen (Oberflächen mit Qualität) haben wir nicht.

Die Note 4,9 für Ampeln in Garbsen ist geprägt durch die mangelhaften Schaltungen an der B6 (Verantwortung des Landes Niedersachsen). Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hat es seit unserer ersten Beanstandung im Januar 2015 trotz Unterstützung aus Kommunalverwaltung und Politik keine Änderung vorgenommen. Aus unserer Sicht ist die Note 4,9 zu gut.
Die B6 mit dem starken Kfz-Verkehr wird noch sehr lange einen „Vorrang“ behalten. Was wir nicht verstehen: Die trennende Wirkung der B6 zwischen den Stadtteilen wird ohne Alternativplanungen (Fußgänger- und Radfahrerbrücken) hingenommen. Straßen werden bebaut, verbreitert, grüne Wellen sollen verbessert werden. Aber was wird für die vielen Fußgängerinnen und Fußgänger sowie die Radfahrenden verbessert? Sind die Menschen, die kein Kfz haben und sich nie leisten können oder Paare und Familien, die sich kein Zweitfahrzeug leisten können, schon vergessen?

Wie schlecht es um die Qualität vorhandener Radwege (Note 4,7) steht sehen wir nicht nur bei der Auswertung unserer jährlichen Berichte der Radwegpaten. Hier geht es um den Oberflächenzustand von Radwegen. Eine Steigerung von jährlichen Haushaltmittel für Unterhaltung von Geh- und Radwegen von 100.000 Euro auf 500.000 Euro wurde aus formalen Gründen abgelehnt. Für dieses Jahr sind 250.000 Euro vorgesehen. Warten wir ab, was davon auf den Wegen sichtbar wird. Eine nachhaltige Steigerung der Investitionen in die Zukunft für nachhaltige Qualitätsverbesserungen wurde noch nicht angekündigt.

Ein Blick auf die Zahlen aus Garbsen im Detail verdeutlicht: Die Noten vermitteln einen geschönten Eindruck.
Ein Beispiel: Radwege sind glatt und eben oder holperig und in schlechtem baulichen Zustand. Gesamtnote 4,7. Im Detail: Sieben Prozent der Teilnehmende haben die Noten 1 und 2 vergeben, 61% die Noten 5 und 6. Weit mehr als die Hälfte votieren eindeutig negativ. 12% sind zufrieden, 19% votieren mit ausreichend.


Weitere negative Schwerpunkte (mehr als 50% für 5 und 6):
- Ampelschaltungen sind nicht gut auf Radelnde abgestimmt: 71%
- Wege sind für Radelnde zu schmal: 62%
- Wege sind holperig und in schlechtem baulichen Zustand: 61%
- Radelnde werden in Baustellen zum absteigen und Schieben gezwungen: 55%

Nicht wesentlich besser:
- Radelnde werden auf der Fahrbahn bedrängt und behindert: 49%
- Parken von Autofahrerinnen und Autofahrern auf Radwegen wird großzügig geduldet: 48%
- Radelnde, auch jüngere und ältere Menschen, können auf Radwegen und Radfahrstreifen nicht sicher fahren: 46%
- Radwege werden selten gereinigt: 46%

Bei solchen Ergebnissen müssen wir zufrieden sein, das Radelnde nicht auf Kraftfahrzeuge umsteigen. Ein nachhaltiger und nennenswerter Wechsel vom Kraftfahrzeug zum Fahrrad ist bei solchen Qualitäts- und Sicherheitsproblem nicht zu erwarten. Ein Mobilitätswandel (mehr als ein Antriebswandel bei Kraftfahrzeugen) erfordert mehr Mut für Veränderungen.

Der ADFC appelliert an Verwaltung und Politik, echte Verbesserungen zugunsten des Alltagsradverkehrs einzuleiten und umzusetzen. Ankündigungen alleine reichen nicht.
Wir helfen gerne.

Alles aus bundesweiter Sicht.

https://garbsen-seelze.adfc.de/artikel/fahrradklima-test-2022-13

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